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Warum ich nicht mehr schweigen möchte…

Christina Hopf

Während meiner Vaginismusreise fühlte ich mich sehr alleine.

Mich jemanden anzuvertrauen, war für mich nicht möglich.


Was würden andere über mich denken? Würde über mich gelacht werden? Würde mit dem Finger auf mich gezeigt werden? Würde ich ausgeschlossen werden? Würde ich aus der Gesellschaft verstoßen werden?


Ein Gedanken-Karusell, welches meine Angst schürte und mich ins Alleine-sein drängte.


Selbst mein damaliger Partner meinte zu mir: „Erzähle lieber niemanden davon, dass du Vaginismus hast, du wirst es vielleicht bereuen!!“


Okay, wenn selbst mein Partner diese Ansicht teilte, dann musste ich dieses Geheimnis wie meinen Augapfel hüten. Niemals dürfte jemand davon erfahren!


Wenigstens hatte ich damals noch meinen Partner mit dem ich darüber sprechen konnte, aber ja…

irgendwann hatten wir aufgehört, darüber zu sprechen, weil dieses Thema einfach so frustrierend war. Jeder penetrative Sex-Versuch endete in Schmerzen, Tränen und Schweigen.


Daher blieb mir nur noch mein Sexual-Therapeut als Gesprächspartner, welcher aber ein Gespräch mit einer guten Freundin nicht hätte ersetzen können.


So vergingen viele Jahre, alleine, in dem mir selbst erschaffenen Gefängnis.


Erst ein halbes Jahr bevor ich den Vaginismus lösen konnte, begann ich zu sprechen.


Und das hatte den Grund, dass ich mich nach 9 Jahren Beziehung von meinem damaligen Partner getrennt hatte.

Das war auch gleichzeitig das Ende meines selbst erschaffenen Gefängnisses….

Ich musste mich nun endlich Freundinnen „öffnen“. Ich konnte es nicht mehr für mich alleine behalten. Es wollte aus mir ausbrechen. Es wollte gehört werden.


Hatte ich Angst darüber zu sprechen? Ja sehr!

Aber ich nahm all meinen Mut zusammen und begann zu reden.

Ich redete und redete und redete…

Und alle meine Freundinnen reagierten liebevoll und verständnisvoll.

Ich weiß noch, als ich es einer Freundin erzählt hatte, die ich bereits 10 Jahre kannte – ihre ersten Worte mit Tränen in den Augen waren „Boah, jetzt hab ich Gänsehaut, wie hast du es bloß ausgehalten es solange für dich zu behalten?“


Diese Gespräche waren toll.

Sie gaben mir so viel Kraft. Niemand von meinen Freundinnen hatte Vaginismus, aber alle versuchten mich nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen.


Für mich waren diese Gespräche - dieses sich öffnen - wie ein letztes fehlendes Puzzleteil auf meiner Vaginismusreise.


Ein halbes Jahr später löste ich den Vaginismus.


Ich trug so sehr diesen Wunsch in mir, andere Personen mit Vaginismus zu unterstützen. Ihnen eventuell ihren Weg zu erleichtern, ihnen Mut zu machen und ihnen zu helfen, dass sie sich nicht so alleine fühlen müssen, wie ich es tat.


Aber lange Zeit wusste ich nicht, wie ich andere Betroffene erreichen könnte.

Die Jahre verstrichen…..


Schlussendlich fand ich dann aber doch einen Weg – ich gründete im Juni 2019 die Selbsthilfegruppe für Vaginismusbetroffene („Invisible Wall“) in Wien und legte somit den allerersten Stein für einen Austausch für Betroffene.

Mittlerweile gibt es diese Gruppe bereits über 5 Jahre.


Viele Teilnehmerinnen haben hier die Möglichkeit sich das allererste Mal über ihren Vaginismus auszutauschen, darüber zu sprechen und zu erkennen, dass sie nicht alleine damit sind.

Die Geschichten von Betroffenen sind teilweise sehr unterschiedlich, trotzdem findet man sich in den Erzählungen wieder. Dieses Gefühl hier nicht alleine zu sein und Gleichgesinnte zu finden, ist einfach so extrem empowernd und hilft dabei, den eigenen Weg weiterzugehen.


Das Durchbrechen meines Schweigens hatte schlussendlich für mich und andere wirklich sehr viel bewirkt. Würde ich mir manchmal wünschen, ich hätte es früher „gebrochen“?

Ja – aber gleichzeitig weiß ich auch, dass es für mich früher einfach nicht möglich gewesen wäre.

Und daher freue ich mich, dass ich diesen Schritt schlussendlich geschafft habe.

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